Untermarchtal – zwischen Gestern und Morgen
Die angeblich älteste Nennung Untermarchtals (776 n. Chr.) ist umstritten. Man vermutet, daß zunächst keine Trennung von Ober- und Untermarchtal bestanden hat. Doch wird sehr früh zwischen Kloster Marchtal und Dorf Marchtal unterschieden, was gleichgesetzt wurde mit Obermarchtal und Untermarchtal. Die erste sichere Nennung von Untermarchtal findet sich zum Jahre 1267 in der Form Marthal. Der damalige Besitzer, der Hochfreie Albrecht von Steußlingen nennt dabei Untermarchtal „min dorf zue Marhtal“ und bezeichnet Obermarchtal als „Closter Marthal“. Erst 1299 erscheint zum ersten Mal in Urkunden die Form „Nidren Martel“. Die Bedeutung des Namens wird als „marh“ = Mähre, Pferd oder „marca“ = Grenze, also Pferde- oder Grenztal angesehen. Beide Deutungen lassen sich gut nachvollziehen. Die Geschichte des Ortes ist die ihrer Adelsgeschlechter. Zuerst war die Gegend von Kelten, dann von den Alemannen und Schwaben besetzt. Die Herren v. Steußlingen wurden von denen v. Stein abgelöst, bis diese 1442 an Dietrich v. Speth (halb vom Haus Österreich, halb von der Herrschaft Teck-Württemberg) – verkauften. 1604 erhalten diese Ritter den Blutbann mit Stock und Galgen. Als die Linie „Speth Untermarchtal“ ausstarb, kam der Besitz an die Zwiefalter Erben. Oberst Freiherr Friedrich v. Speth starb ohne männliche Nachkommen 1850 und wurde in der Familiengruft in der Pfarrkirche als letzter seiner Linie beigesetzt. Württembergs Herrscher, Herzog Ulrich, gab dem Ort einen Denkzettel, der zu den wichtigsten Ereignissen zählt. Als der Ritter Dietrich v. Speth, den Grafen Froben, Zimmern zu den teuersten deutschen Helden zählt (Zimmerische Chronik). Wegen Liebeshändel tötete der jähzornige Herzog Ulrich seinen Stallmeister Hans von Hutten. Dietrich v. Speth floh mit der Herzogin ins Untermarchaler Schloß und dann weiter nach Bayern. Der rasende Herzog zündete deshalb auf seiner Verfolgung Zwiefaltendorf und Untermarchtal an, so daß man rings auf den Burgern den großen Brand sah. Dieser Dorfbrand 1517 war ein grimmiger Dankzettel des Herrscherhauses! Dabei wurden auch das Doppelschloß, am Platz des heutigen Schlosses und die Steußlinger Burg auf dem Denkertfelsen eingeäschert. Bis 1830 war Untermarchtal nach Neuburg eingepfarrt, danach stifteten die v. Speth eine Pfarrkirche, nachdem vorher nur eine Schloßkaplanei bestanden hatte. Nach dem Aussterben der Freiherren v. Speth kam das Rittergut durch verschiedene Hände in den Besitz der Barmherzigen Schwestern in Gmünd (1887), die es im Laufe der Zeit als Mutterhaus ausbauten. Seither ist ein hilf- und segensreicher Strom in die württembergischen Lande von den Vinzentinerinnen ausgegangen. Zahlreiche Anstalten in Untermarchtal künden von der tatkräftigen Caritas des Klosters. Haushaltsschule, Exerzietienheim, Erziehungsheim, Altersheim und Krankenhaus. Damit hat das Kloster in Fortsetzung an die frühere ritterschaftliche Bedeutung der Gemeinde großes Ansehen über seinen lokalen Bereich hinaus verliehen. Es ist kennzeichnend für den Ort, wie für die meisten alten Siedlungen der oberen Donau, daß seine Bevölkerungszahl sehr konstant geblieben ist. Erst um die Jahrhundertwende 1900 wuchs mit dem Mutterhaus auch die Einwohnerzahl, die in den 60iger Jahren des vergangenen Jahrhunderts 1150 betrug. Zahlreiche Vertriebene fanden durch die Kriegswirren hier eine neue Heimat. Ohne Industrie, aber mit einem bodenständigen Gewerbe und einer stark parzellierten Landwirtschaft, bietet die Gemeinde große Möglichkeit für den Fremdenverkehr.