Das Untermarchtaler Bauwerk „Maria Hilf“ und „Guter Hirte“.
- 10. Dezember 2024
Der Baubeginn vor 120 Jahren und seine Vollendung 1916. - Das Gesamtgebäude, seine Bewohner und Benutzer
UNTERMARCHTAL (hi).
Der Bau diese Klosteranlage in Untermarchtal auf der Anhöhe über der Donau, genannt „Maria Hilf“ und „Guter Hirte“ war im Jahre 1903 begonnen worden und der letzte Bauabschnitt „Guter Hirte“ wurde im Jahr 1916 abgeschlossen. In den gesamten 2 Baukörper können nach Maßgabe beim Bauausschuss rund 500 Personen Wohnung finden. Diese durchdachte und geplante Unterbringung dieser großen Personenzahl ist vom Gesamtprojektleiter und damaligen Oberamts-Baumeister Josef Buck aus Ehingen in die Planung und Umsetzung eingeflossen. Der Aufschwung mit dem Bedarf und die Notwendigkeit des Baus war gegeben. Die Zahl der Ordensschwestern war im Jahr 1915 mit 1509 Schwestern sehr hoch und stieg dann an bis ins Jahr 1940 mit 1903 Schwestern noch an.
Die Schwesternzahl und das arbeitende Personal im Kloster wuchsen an, die täglichen Bedarfe bedeuten aber auch soziale Betreuung bei Krankheit und zunehmender Altersstruktur und Gebrechlichkeit. Darum auch die dringende Erweiterung und Bau für Schwestern, Pensionäre und Kranke. Auch die Selbstversorgung mit Lebensmittel durch den um die Jahrhundertwende 1900 wachsenden Bedarf wurde mit dem landwirtschaftlichen Gutshof St. Veit aufgefangen. Zu den ständigen Klosterbewohner kamen dann die Gäste im Teilnehmerbereich von Exerzitien und Tagungen – oft mehrere Hundert – noch hinzu. Die Versorgung aller war ein zentrales Anliegen der Klosterverwaltung. Neben den Erweiterungen in Untermarchtal betrieben die Vinzentinerinnen schon zuvor Spitäler, Waisenhäuser, Seminarhäuser, Kindergärten, Erin den Ortschaften wo sich Schwestern in der Krankenpflege und Kindergärten betätigten, gab es in der Diözese Rottenburg Anfang 1920 rund 270 an der Zahl.
So konnte die Bautätigkeit beim ersten Bauteil „Maria Hilf“ und dessen feierlichen Einweihung am 1. Dezember 1904 abgeschlossen werden. Diese Einweihung nahm Bischof Paul Wilhelm von Keppler vor. Die Kapelle ist im italienischen Renaisance Stil und mit einer Kassettendecke ausgestattet. Das Altarbild „Maria Hilf mit Jesuskind“ ist eine Kopie aus Innsbruck, von Lukas Cranach. In der jetzigen Zeit schmückt die Chorwand ein Mosaikbildnis, darstellend die „Emmausjünger“. Dieses Mosaikbildnis wurde um 1980 bei einer Umgestaltung angebracht und das „Maria Hilf-Bild“ am Seitenaltar.
Generaloberin um diese Zeit 1904 war Schwester Margarita Linder, Superior war Meinrad Hitzel, ihm folgte 1913 Msgr. Dr. Karl Eberle. Nach der Weihe von „Maria Hilf“ bewegte sich oft eine feierliche Prozession vom Mutterhaus „auf den Berg Maria Hilf“ – auch zu dem vor der Kirche stehenden „Bildstöckle Maria Hilf“. An diesem Bildstöckle brennt auch heute nach 120 Jahren eine Kerze!
Technisch wird das Haus im Oktober 1904 mit elektrischer Beleuchtung versehen. Zuvor schon an Weihnachten 1903 ist die Ortswasserleitung auch in Maria Hilf verlegt und im Mai 1904 war Glockenweihe in Maria Hilf. Diese Weihevorgänge wurden von Superior Hitzel vorgenommen.
Am „Herrenbau“ als Mittelbau wird der Dachstuhl aufgerichtet. Bei dieser Tätigkeit stürzen 3 Arbeiter mehrere Stockwerke hinunter. Einem zerreißt es den Hosenträger. Aber alle unverletzt. Deo gratias!Anmerkung zum „Herrenbau“: Am Ende des 1. Weltkrieg November 1918 wird die „Königliche Familie von Herzog Albrecht“ mit Familie aus Stuttgart vertrieben. Im „Herrenbau“ wird ihnen die Wohnung
für mehrere. Monate gestellt. In der Pfarrchronik St. Andreas vermerkt Pfarrer und Dekan Felix Stiegele; die „Königliche Familie“ mit Herzog Albrecht (er war der legitime Nachfolger von König Wilhelm II) nahm an der Fronleichnams-Prozession teil. Im März 1905 wird eine große Küche, eine Backküche und eine große Waschküche eröffnet, das Pförtnerhaus -es steht ganz vorne am Zugang zu Maria Hilf rechts, eine Kläranlage wird erstellt und eine Schuhmacherei wird eingerichtet. In unmittelbarer Nähe von „Maria Hilf“ wird ein 60 Morgen großer Obstgarten gepflanzt. „Auszahlen“ wird sich der aber erst in vielen Jahren. Im Februar 1906 wallfahrenden erstmals 176 Männer – diese sind Eisenbahner vom Exerzitienhaus nach „Maria Hilf“. Lehrer Vögele von Heiligkreutal richtet unterhalb des Berges von „Maria Hilf“, nahe der Donau, eine Lourdesgrotte ein. Dieser ruhige und lauschige Ort wird in Zukunft Ziel vieler Prozessionen. Im Jahr 1914 vor dem ausbrechenden 1. Weltkrieg wird am 31. März der Grundstein zum Haus „Guter Hirte“ gelegt. Dieses Haus mit Kapelle ist ein Erweiterungsbau zur „Rettungsanstalt Guter Hirte“ und bietet Platz für 200 bis 300 Mädchen, welche dort Unterkunft und Ausbildung in Hauswirtschaft erhalten und zu Zwecken, „die noch im Geheimnis der göttlichen Vorsehung liegen“. Im Oktober 1915 erhält das Haus und Kapelle „Guter Hirte“ die Weihe von Superior Dr. Karl Eberle. Im Jahr 1916 eingeweiht und enthüllt am Fronleichnamsfest wurde vor dem Haus „Guter Hirte“ die Christusstatue als Standbild „Guter Hirte“. Dies ist eine Nachbildung des Guten Hirten vom Kapellenberg in Hütten, Schmiechtal und ist entworfen und ausgeführt von Karl Wöhrle aus Ulm. Damit ist das Gesamtbauwerk „Maria Hilf und Guter Hirte“ fertiggestellt. Zusammenfassend nach heutiger Sicht, 120 Jahre später, dient der Gesamtbau den wichtigen Einrichtungen einer Gemeinschaft, die Betreuung und Pflege menschlicher Bedürfnisse als wichtig annimmt.
Dazu zählen: Schwesteraltenheim, eine Station für öffentliche Altenpflege mit insgesamt 160 Plätzen. (Wohnpark Maria Hilf). Einrichtung für Wohnungen von Bischofs- und Pfarrpensionären mit Arztbetreuung sind vorhanden. Ein nachdenklicher Satz zum Abschluss des Werdens vom Gesamtbauwerk von Mutter Theresa beim Besuch des Jugendtag 1982 „Ich spüre es, hier ist das Schatzhaus, hier ist das Kraftwerk der Kongregation“.
Erwähnt werden soll jetzt noch auf die besondere Kunstausstattung der Kapelle „Guter Hirte“.
Im 2. Stockwerk des Hauses ist diese Kapelle. Man betritt einen hellen, freundlichen Kirchenraum und der Blick geht erstmal gleich nach vorne zu den 3 barocken Altären. Zunächst der mittige Hochaltar mit dem Kunstbildnis „MATER ADMIRABILIS“. Ein farblich feines und herrlich gemaltes Bild von Karl Baumeister, Zwiefalten, Mitglied der „Münchner Schule“ (hier als Kopie) Original von der Französin Pauline Perdreau, um 1850. Das Original befindet sich im Kloster Trinita dei Monte in Rom nahe der „Spanischen Treppe“. Das Bild stellt Maria als Königin dar, ihr Haupt von einem Kranz von 12 Sternen umgeben, daneben ein Spinnrocken und ihr zu Füßen ein grüner Fußschemel. Die Seitenaltäre stellen St. Michael dar in kämpfender Position mit Schwert gegen den Drachen. Auf der anderen Seite das liebliche Bild des Hl. Josef als Schutzpatron vom Haus, mit dem Jesuskind auf dem Arm und mit einer Lilie haltend. Besonders der Hauptaltar erfuhr um die Jahrhundertwende 2000 eine gründliche, künstlerische Renovation durch den Kunstmaler Adolf Sauter aus Langenenslingen. Die Holzrenovation nahmen die hauseigenen Schreiner des Klosters in gelungener Art vor. Das Deckengemälde als Fresko stammt von August Braun und seinem Neffen Josef aus Wangen im Jahre 1932 auf frischem Kalk gemalt.
Es stellt das große Hochzeitsmahl ähnlich dem Abendmahl dar. Der Verworfene, Unerwünschte wird aus dem Saal geworfen, er hatte kein hochzeitliches Kleid. Die Gäste rund um den Tisch sind meist als heimische Heilige wie Konrad von Konstanz, die Hl. Josef, Antonius, Meinrad und Petrus Kanisius dargestellt. Deutlich erkennbar auch Hermann Josef als Chorherr des Prämonstratenserorden, Aloisius, Franz von Assisi, Elisabeth von Thüringen, Notburga, Wendelin, Gute Beth, Irmgard, Albert, Nepomuk, Ludowika. Deren viele sind Schutzheilige von Berufen und Ständen. Über allen drohnt Maria als Muttergottes, die allerheiligste Dreifaltigkeit und die vier Evangelisten.
Als Stuckkunstwerk noch erwähnenswert das Chorbogenrelief von 13 Meter Breite. In der Mitte Christus der Herr, Weltenheiland und Erlöser und Guter Hirte im Strahlenkranz. Er der Herr und Hirte sucht sein verirrtes Schaf, das er im Dornbusch findet. Eine Seite stellt Eva dar mit 2 Kindern Abel und Kain. Am Paradiesbaum züngelt die verführerische Schlange. Johannes der Täufer weist auf das Lamm. Über der Szene ein strafendes Gewitter, das die Schmach der Sünde versinnbildlicht. Die andere Seite zeigt perspektivisch das Motiv des Peters Domes in Rom. Über den Wolken der Hl.Josef als segenspendender Schutzpatron. Darunter der gute Hirte der sein verirrtes Schaf sucht. Daneben vielerlei Getier – böses, gutes, aufgeklärtes, schlaues, albernes, gieriges. Auch Kleingetier wie Vögel, Schmetterlinge, Fledermäuse, Katze, Natter, Käfer erfreuen den Beschauer. Dabei ist hier die Menschheit in Vielfalt dargestellt. Dieses Stuckkunstwerk stammt von Josef Bihler, Jahr 1931.
Auffallend auch die Seitenwände des Schiffs. Hier reihen sich die Kranzgesimse und Pilaster (Halbsäulen) mit Kartuschen der 12 Apostel in die Reihe. Sehenswert an der Orgelempore das Relief der Hl. Cäcilia, die als Schutzheilige für Kirchenmusik- und Gesang gilt.
Der Gesamtgebäude-Komplex von Maria Hilf und Guter Hirte stellt ein herausragendes Häuser-Ensemble im Dorf Untermarchtal mit seinem besonderen sozialcaritativen Zweck für die Menschen dar nach dem Wahlspruch des Hl. Vinzenz von Paul zu bedenken: „Seid gut und man wird euch glauben“!



