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90 Jahre Nachbarschaftsstrassenbau - Lauterach – Untermarchtal – Munderkingen

Nachbarschaftsstraßenbau vor 90 Jahren - Lauterach – Untermarchtal – Munderkingen Planung und Durchführung der Ortsverbindungen zwischen Lauterach – Untermarchtal und Munderkingen

 

Vorwort von Hermann Josef Illenberger

Beleuchtet den umfangreichen, damals vor 90 Jahren (1927 und 1928) als Nachbarschaftsstraßenbau der heutigen Landstraßen-Verbindungen "Lauterach – Untermarchtal – Munderkingen", der L 231 und L 257 und dem Teilstück der K 7339 ( Strecke kurz vor Lauterach). Meine Recherchen zum damaligen Straßenbau sind fundiert aus den Gemeinderatsprotokollen der Gemeinden Lauterach und Untermarchtal. Diese Protokollbücher wurden mir zur Einsicht von unserem BM Herrn Bernhard Ritzler zu diesem Nachforschungszweck dankenswert zur Verfügung gestellt. Leider konnte mir das Straßenbauamt Ehingen bzw der Alb-Donau Kreis der heutigen Straßenbaubehörde keine Unterlagen zur Verfügung stellen. Angeblich ist nichts mehr von den Planunterlagen der Jahre 1927/28 vorhanden. So die Auskunft. Das Stadtarchiv Munderkingen stand mir aber positiv zur Seite mit den lokalen Ausgaben des „Donauboten“ von 1927/28. Die damalige Zeit war nicht reich gesegnet an finanziellen Mitteln zum Straßenbau. Dieser wurde aber immer wichtiger wegen der steigenden Motorisierung auf den Straßen.

Die verwaltungsmäßige Einordnung der Straßen wurde um die Jahrhundertwende „1900“ in Staatstraßen und Nachbarschaftsstraßen gegliedert. Staatsstraßen wurden damals in Württemberg vom „Königreich Württemberg“ geplant, gebaut und finanziert. Die Nachbarschaftsstraßen, dies waren die meisten im ländlichen Bereich - mussten dagegen von den Gemeinden untereinander geplant, gebaut und finanziert werden. Dieses System änderte sich dann ab den „1930“iger Jahre. Dann gab es Reichsstraßen und Autobahnen die vom Deutschen Reich gebaut wurden. Die untergeordneten Straßen waren Landstraßen, Kreisstraßen und Ortsverbindungsstraßen die von den Ländern, Landkreisen und teilweise noch von Kommunen gebaut und unterhalten werden. Diese Einordnung ist das heutige, in Kurzform genannte, bestehende Straßen-System in Deutschland. Jetzt im Jahre 2018 soll rückblickend auf die Jahre 1927 und 1928 auf die Gründe der Planungen mit dem teilweisen aber umfangreichen Neubau der „Nachbarschaftsstraßen“ zwischen den Orten Munderkingen – Untermarchtal und Lauterach, eingegangen werden.

Die dazugehörige Interessenlage zum notwendigen Neubau waren verschieden. Munderkingen wies auf seine regelmäßig stattfindenden Märkte hin. Allgemein stieg die Motorisierung auf den allmählich zu engen Straßen erheblich an und einige Feldbereinigungen der beteiligten Gemeinden standen an, wie zum Beispiel in Lauterach im Gewann „Breitengasse“ im Gebiet der Kreuzung nach Neuburg-Lauterach-Mundingen-Untermarchtal. Bei dieser Kreuzung stehen heute 3 Friedenslinden. Davon ist eine Linde im „Dritten Reich“ gepflanzt worden, so die Auskunft eines älteren Neuburger Einwohner. Das 1922 erbaute Kalkwerk Untermarchtal soll auch an die neue Straßenführung angeschlossen werden, was dann auch erfolgte. In Munderkingen beim Frauenberg zur Marchtalerstraße war besonders durch den dortigen Bahnübergang beim Bahnwärterhaus die Straße sehr eng. Deswegen dann die neue Trasse über den Brunnenberg zum Stadtkern. Die größtenteils neu zu erbauende Straße wurde mit einem erheblichen Planungsaufwand und zusammenhängender Finanzierung –meist durch die Gemeinden – jetzt vorangetrieben. Die Bauplanung und Bauleitung übernahm das Oberamt Ehingen mit dessen Baurat Haible und Oberamtsbaumeister Mayer im Oktober 1927, Siehe die Ausschreibungen bzw „Vergebungen von Straßenbauarbeiten“ der Gemeinden Lauterach und Untermarchtal.

Munderkingens Bürgermeister war 1928 Otto Mayer, von Untermarchtal Albert Großmann und von Lauterach Hack. Diese 3 Amtsträger bemühten sich mit ihren Gemeinderäten um die Planungen und besonders um die Finanzierung der insgesamt rund 6 Km langen Neutrassierung von Lauterach nach Untermarchtal und weiter bis Munderkingen. Die Finanzierung lag in den Händen der Gemeinden und man konnte nur Zuschüsse vom Oberamt (Kreis) oder über die Notstandsgelder für Winterarbeiten vom Staat erwarten. Es wurde eine Drittelung der Kosten erreicht. Bürgermeister Großmann aus Untermarchtal protokolliert schon im April 1927 eine „trostlose finanzielle Lage“. Die politische Lage nach dem 1. Weltkrieg mit der Geldentwertung und dem Staatsbankrott 1923, wies Unsicherheiten und eine allgemeine Arbeitslosigkeit mit all ihren Nachteilen auf. Auf die Bauausschreibungen und die nachfolgende Vergebung der Bauarbeiten wurden von mehreren, regionalen Baufirmen zügig Antwort gegeben und konnten somit die Angebote verglichen und die Arbeiten vergeben werden. So erhielten zum Beispiel im Oktober 1927 die Baufirmen Matthäus Schäfer, Hütten zusammen mit der Firma Jakob Maier, Mundingen und die Baufirma Josef Beßmer, Grötzingen, Bauaufträge in Höhe von rund 23 000 Mark. Die Ehinger Firma Freudigmann erhielt keinen Zuschlag. Die Firma Beßmer sucht in einer Anzeige im Donauboten „tüchtige Arbeiter zum Straßenbau“. In dieser Zeit mußten noch Grunderwerbe zum Straßenbau von Privatpersonen getätigt werden. So wurde im Juli 1927 ein erster Kostenvoranschlag für den Bauabschnitt Lauterach – Untermarchtal mit 43 000 Mark aufgeführt. Weiterführende Kostenvoranschläge dann im November 1927, die teilweise in die Unterhaltungskosten in der „Amtskörperschaft“ mit 33 000 Mark einflossen. Über die Oberamtssparkasse wurden Darlehen aufgenommen. Auch eine sogenannte „Amtsbürgschaft“ wurde in Anspruch genommen. Ermutigend war der Hinweis im Untermarchtaler Protokoll im März 1928, dass der „Baufortschritt rüstig vorangeht“ trotz erforderlicher Sprengungen im harten Jurafels bei Untermarchtal. Über 15 000 cbm Erdaushub und weitere 8 000 cbm Fels mußten bewegt werden. Mehrere 100 Meter Zementrohre und Schalbetonplatten waren erforderlich. Die Gemeinde Lauterach betrieb außerdem noch den Ausbau der Lautertalstraße zur Laufenmühle in Eigenregie. Außerdem ist im Donauboten nachzulesen ist der teilweise Neubau von Nachbarschaftsstraßen von Munderkingen nach Kirchen und von Bettighofen nach Oberstadion.

Ehemals ging die Nachbarschaftsstraße nach Lauterach durch die „Höll“. Die alte Straße von Untermarchtal nach Lauterach führte durch das Gewann „Höll“,

am Rand bei der Höll-Kiesgrube, die damals von der Gemeinde Untermarchtal betrieben wurde. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde aber diese Kiesgrube, die nur noch minderwertiges Endmoränenkies lieferte, nach und nach aufgegeben. Die neue Straßenführung von Lauterach nach Untermarchtal ging ab der Kreuzung Neuburg-Mundingen jetzt über die „Breitengass“ oder „Breite“, vorbei am alten, bisher genutzten „Hohlweg“ Richtung „Altes Tal“, also jetzt dann mit einer Aufschüttung des alten Urdonautal, vorbei am Kalkwerk und dann zur schon damals bestehenden Reichsstraße 311 in die Ortseinmündung Untermarchtal. Die alte, bis 1928 bestehende Nachbarschtsstraßen-Führung Lauterach – Untermarchtal ist heute noch gut erkennbar. Teilweise überwachsene Beton- oder Felsrandsteine

säumen den Weg, alte, knorrige Obstbäume ebenfalls. Der erwähnte „Hohlweg“, etwa 150 Meter lang, wurde auch aus Naturschutzgründen bei der letzten, vor etwa 10 Jahren durchgeführten Flurbereinigung, erhalten.

Ein großer Eingriff in die Naturlandschaft war auch die Aufschüttung des Urdonautal an der Markungsgrenze.

In der alten Talsohle und unter dem Straßenbaukörper wurde ein geräumiger „Durchlass“ von etwa 2 Meter hoch und 40 Meter lang, gebaut. Dieser „Tunneldurchlass“ ist in einem guten baulichen Zustand heute vorzufinden.

und dient einem möglichen Wasserlauf sowie Personen und Tieren zum Durchgang. Die alte Lauteracher Straße am Ortsausgang und Ende der örtlichen Bergstraße in Untermarchtal ist heute noch erkennbar und verläuft jetzt nur noch als „Sackgasse“ bis zur B 311.

Der Ausbau von Untermarchtal nach Munderkingen warf gleich am Ortsausgang bei der Munderkingerstraße einige Hindernisse auf. Es mußte der besagte Felseinschnitt erweitert werden. Dann war vor den 3 Friedenslinden von 1871 noch ein kleiner Sportplatz der DJK Untermarchtal angelegt. Diese Sachlage wurde aber einvernehmlich von der Gemeinde Untermarchtal mit Bürgermeister Albert Großmann gelöst und sogar der damalige Pfarrer und Dekan Felix Stiegele als Präsis der DJK, nahm sich der Sache an. Die Neutrassierung bei den 3 Linden wurde durch die Aufgabe des Sportplatzes und dessen Verlegung auf den „Zimmer- und Sportplatz“ an der Gütelhoferstraße, wo auch heute noch die Sportanlage besteht, dessen damaliger Eigentümer Bürgermeister und Zimmermeister Albert Großmann war, sehr erleichtert. Den Vermerk „Zimmer- und Sportplatz“ hat Pfarrer Stiegele so in der Pfarrchronik geschrieben. Weiterführend wurde die bisherige Straßenführung nach Munderkingen am Frauenberg vorbei am Gasthaus „Hasen“ und weiter über den dortigen Bahnübergang am Bahnwärterhaus in der Marchtalerstraße aufgegeben. Jetzt wurde die direkte Linie vom Frauenberg auf den Brunnenberg und dessen gleichnamige Straße, hingeführt. Ein neuer Bahnhübergang wurde beim Gasthaus „Rose“ über 3 Gleise hinweg erbaut und die Straßenführung weiter Richtung Donaubrücke zur Stadtmitte. Man erkennt also in den aufgeführten Straßenbauten vor 90 Jahren die Erfordernisse und Notwendigkeiten von gut ausgebauten und allen Verkehrsteilnehmer und Bürger dienenden Einrichtung. Dies wird auch in Zukunft immer wieder zu weiteren Straßen, Wege, Brücken und damit Verbindungen von Mensch zu Mensch, von A nach B, führen.

Quellennachweise sind: Gemeinderats-Protokollbücher der Gemeinden Lauterach und Untermarchtal von 1927 und 1928, der „Donaubote“ Munderkingen aus den Jahren 1927 und 1928, Pfarrchronik Untermarchtal, Heimatgeschichte Untermarchtal, Eigenarchiv Hermann Josef Illenberger mit Fotos und Repros.