• Gemeinde Untermarchtal Panorama

90 Jahre Kalkofen

Die bewegte Geschichte des Technik- und Industriedenkmal im Gewann Bannbühl an der B 311 Beschluss zur Gründung der Firma „Kalkwerk Untermarchtal“

Jahr 1921:

Untermarchtals Bürgermeister und Zimmereibesitzer Albert Großmann, der Munderkinger Maurermeister und Bauunternehmer Leopold Ege und der Dieterskircher Landwirt und Holzhändler Josef Bailer, waren die Gründer dieser Firma und des Kalkwerk.

90_jahre_kalkofen_aussenaufnahme

Aussenaufnahme des Kalkofenmusuem Untermarchtal vom Mai 2012

Jahr 1922:

Vor 90 Jahren erwarben Großmann, Ege und Bailer von der Gemeinde und einigen Privatpersonen im Gewann Bannbühl für 3710 Mark das für den Bau des „Kalkwerk Untermarchtal“ notwendige Gelände und erstellten das Kalkwerk. Die in der Umgebung des künftigen Werkes vorkommenden Bankkalke und Zementmergel eigneten sich gut für die Weiß- bzw. Schwarzkalkherstellung. Weißkalk und Äzkalk wird vorwiegend für Düngezwecke verwendet und Schwarzkalk für Maurer und Verputzarbeiten. Brennmaterial für den Ofen waren Holz aus der Umgebung (Anteilseigner Bailer war Holzhändler) sowie Kohlenkoks aus dem Ruhrgebiet welcher am Bahnhof Untermarchtal entladen wurde. Auch die hergestellten Kalkprodukte wurden größtenteils beim Bahnhof verladen. Zu diesem Zweck wurde bald ein Lastkraftwagen mit Vollgummireifen Marke „Adler“ angeschafft. Von 1922 bis 1925 betrieben die 3 Gründergesellschafter den Kalkofen. 1925 schied Leopold Ege aus. Grund war die geringe Rentabilität und Entwicklungsfähigkeit des Werkes. Ege erhielt eine Abfindung und wurde mit 900 Goldmark entschädigt. Die Qualität der Produkte besserte sich in den Jahren 1925 bis 1929. Es kam dann die Weltwirtschaftskrise und damit ein schwerer Rückschlag für das Werk.

90_jahre_kalkofen_uebersicht

Werkssystemübersicht des Kalkofen Untermarchtal

Zwangsversteigerung:

Am 6. Mai 1930 ordnete das Amtsgericht wegen dem hohen Schuldenstand die Zwangsversteigerung des Kalkwerkes an. 2 Monate später ersteigerte Mitgesellschafter und Bürgermeister Albert Großmann das Werk samt Zubehör für 6500 Mark. Er war jetzt alleiniger Besitzer. Die Ereignisse waren in dieser Zeit mit viel Ärger verbunden. Großmann kränkelte offenbar schon seit längerer Zeit, was am 16. September 1930 dem Bürgermeister, Ehrenbürger (seit 1926) und Kalkwerkbesitzer zum Tode führte. Weiterführung des Werkes, Versteigerung und Verkauf: Seine Witwe Franziska und ihre 3 Kinder ( Ida, Paule und Albert jun.) sahen sich in der Folgezeit außerstande, das Kalkwerk allein weiter zu betreiben. Vor Anton Speidel schied zudem aus dem Arbeitsverhältnis. 1931 kam es zur erneuten Versteigerung des Kalkwerkes. Einziger Bieter war der einheimische Landwirt Matthäus Fischer, dessen Angebot beim zweiten Versteigerungstermin angenommen wurde. 2800 Mark zahlte Fischer und wie es hieß „unter Wert“. Er war jetzt Besitzer des Werkes. 2 Arbeiter waren noch beschäftigt: Peter Speidel und Josef Engler. Absatz und Qualität des gebrannten Kalk gingen zurück und damit auch der Ertrag. Die Doppelbelastung von Landwirtschaft und Kalkwerk als Nebenerwerb führte zur Verpachtung an Karl Halder aus Dürmentingen ab 1933 bis 1935. Der Niedergang des Werkes setzte sich aber fort. Besitzer Fischer führte dann das Werk eingeschränkt bis zur gänzlichen Still-Legung im Jahr 1939 fort. Mit Ausbruch des 2. Weltkrieg stand auch kein Brennmaterial zur Verfügung.

90_jahre_kalkofen_siebtrommel

Siebtrommel und Sackabfüllanlage mit Transmission

Zeit nach dem 2. Weltkrieg:

In den Jahren 1949/50 versuchte sich Johann Josef Zeithammer als Pächter mit der Herstellung von Kalksteinen mit Hilfe einer Steinquetsche und Tuffsteinerde als Abfallprodukt von der nahen Laufenmühle bei Lauterach. Die Qualität und damit das Geschäft mit den Kalksteinen lief nicht gut. Zeithammer siedelte dann in die damalige DDR um. In der Folgezeit diente das Gebäude als Fahrzeugremise des Besitzers Fischer und seines Nachfolgers, Sohn Anton. Dessen Witwe Paula heiratete den hiesigen Landwirt Karl Ziegler. Das Ehepaar verkaufte dann das Gebäude an das Land Baden-Württemberg im Jahre 1984. Das Land hatte dann die Absicht, aus dem Gebäude und näheren Umfeld ein "Technik- und Industriemuseum" zu errichten. Ab 1986 und während der Baumaßnahme mit Restaurierung, übernahm die damals in Untermarchtal gegründete Ortsgruppe des „Schwäbischen Heimatbund“ mit Sitz in Stuttgart die Betreuung. Wolfgang Rieger von hier war dann 1. Vorsitzender der Ortsgruppe. Er war ein fundierter Kenner des Kalkwerkes und er trat stets mit großem Eifer und viel Arbeitsaufwand für „seinen“ Kalkofen bis zu seinem Tode im Jahre 2003 ein.

Kalkofen-Museumseröffnung 1990:

Am 9. September 1990 war festliche Eröffnung des Musuems und des Technik- und Industriedenkmal „Kalkofen Untermarchtal“. Außerdem die Übergabe an den „Schwäbischen Heimatbund - Ortsgruppe Untermarchtal“ in Erbpacht vom Eigentümer dem Land Baden-Württemberg. Es folgten bis zum heutigen Tag in Abständen Festlichkeiten im Zusammenhang „Tag der offenen Tür“ und in Verbindung von Kalkbrennen im Schachtofen und Vorführungen über Trocken- und Nasslöschen des gebrannten Kalkes vor viel interessiertem Publikum. In den Festprogrammen waren stets für Kinder etwas eingeplant so z.B. Basteln, Exkursionen im Werksumfeld, Malwettbewerbe und Luftballonweitflugwettbewerb. Nach der Schornsteinrenovierung in den Jahren 2008/09 wird der Brennvorgang wegen der hohen Schacht- und Kamintemperatur nicht mehr durchgeführt.

90_jahre_kalkofen__kalkofen

Der eigentliche Kalkofen

Info:

Das Kalkofen-Museum Untermarchtal ist seit 1990 von April bis Ende Oktober an Sonn- und Feiertagen von 11:00 - 17:00 Uhr geöffnet. Andere Öffnungstermine auf Anfrage beim Bürgermeisteramt Untermarchtal Telefon 07393-917383. Die SHB-Ortsgruppe hofft jetzt, ihr Interesse am Besuch der Museumsanlage und des Festes „Tag der offenen Tür“ am Sonntag, 10. Juni 2012 geweckt zu haben.

Festprogramm:

Am Sonntag, 10. Juni 2012: 10:30 Uhr Frühschoppen, Musikalische Unterhaltung mit Moni und Hubbe. Zwischenzeitlich Infos zum Kalkbrennen und Vorführungen zum Trocken- und Naslöschen des gebrannten Kalkes. Ab 12:00 Uhr gibt es Mittagessen und ab 14:30 Uhr Kaffee und Kuchen. Um 13:30 Uhr startet das Kinderprogramm mit Nistkästenbauen, dann Lernort Natur-Spurensuche inder heimischen Tierwelt. Gegen 18:00 Uhr Festausklang.

90_jahre_kalkofen_kurz_strampfer

Regierungs-Präsident Strampfer im Gespräch mit dem 1. Vorsitzenden der SHB-Ortsgruppe Untermarchtal – Wolfgang Kurz