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Vor 120 Jahren: Königin Charlotte von Württemberg in Untermarchtal

Geschichtlich-historisches Ortsereignis in Untermarchtal vor 120 Jahren am 4. November 1895

Die Handlung beinhaltet den damaligen Besuch der 5. Württembergischen Königin Charlotte mit ihrer Hofdame – der Besuch sollte - inkognito - also unter fremdem Namen stattfinden, war eigentlich so nicht haltbar, weil doch unerlässlich genaue Vorbereitungen in der Gemeinde und des Klosters Untermarchtal, ja sogar die Bediensteten des Bahnhof Untermarchtal mit einbezogen waren. Also eine völlige Geheimhaltung war nicht möglich. Dies machte den Besuch von Königin Charlotte in Untermarchtal so spannend und die Bevölkerung freute sich. Dies ist eindeutig aus der Klosterchronik als auch der Pfarrchronik Untermarchtal zu entnehmen. Auch für heutige Betrachter und interessiertem Bürger. Als örtlicher Heimatkundler sollen solche Ortsgeschehnisse an die breite Öffentlichkeit kommen und heißt doch der Spruch von Literat Gustav Mahler: „Tradition und Historie ist die Bewahrung des Feuers und nicht die Anbetung der Asche“. Man braucht auch dazu kein „Royalist oder Monarchist“ zu sein. Man sollte den damaligen Zeitgeist zu verstehen versuchen. Die große Ehre für den Ort Untermarchtal damals 1895, in Würde und Hochachtung die Königin zu empfangen und der Regentin 1 Tag zu schenken, dürfte ein Höhepunkt der Untermarchtaler Ortsgeschichte dauerhaft bleiben.

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Königin Charlotte

Aus der Kloster und Pfarrchronik Untermarchtal:

Hoher Besuch in Untermarchtal – Königin Charlotte von Württemberg kommt mit dem Zug hier an:

Der Tag war der 4. November 1895. Der Besuch sollte inkognito – also unter anderem Namen erfolgen. Freudige und feierliche Erregung herrschte im Ort. Am Bahnhof wurde die Königin Charlotte mit ihrer Hofdame Gräfin Uerküll empfangen. Generaloberin Margarita Linder hatte mit den Schwestern samt Kloster- und Dorfbewohner, der Kriegerkameradschaft von hier und Umgebung, welche mit Fahnen aufmarschiert waren, einen feierlichen Empfang vorbereitet. Alle geleiteten die hohe Dame nach St. Ignaz, dem Exerzitienhaus, darunter auch Schultheiß Josef Vogelsang mit den örtlichen Collegien. Dort fand die eigentliche Begrüßung durch Hochwürden Herrn Superior Josef Eisenbarth statt. Die Huldigung der Kriegervereine vor der Königin ging dann weiter und im „Adler“ (heute Haus St. Josef) und im „Hirsch“ wurde der Köngin ein Imbiss und Erfrischungen kredenzt. Unter Führung von Superior Josef Eisenbarth besichtigt die Königin und ihre Hofdame das ganze Kloster. „Alles ist erfreut und befriedigt über soviel königliche Huld und Gnade“, heißt es in der Klosterchronik über den Besuch und Ehrehrbietung Ihrer Majestät Königin Charlotte. Auch der damalige Ortspfarrer Leonhard Strahl wußte dieses Ereignis in der Pfarrchronik zu würdigen. „Welch ein Freudentag über soviel königliche Huld und Gnade für den Ort“.

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König Wilhelm II von Württemberg um 1895

Grund und Anlass des Königin-Besuch in Untermarchtal:

Dem königlichen Schutzrecht über die Klöster folgend, verbunden mit ihrem sozialpolitischen Engagement für karitative Éinrichtungen zu interessieren, war besonderer Grund des Besuches im Mutterhaus Untermarchtal und dessen Einrichtungen. Charlotte war aber nicht nur Königin, die einen eigenwilligen Umgang mit der Repräsentation pflegte, sondern sie war auch die Monarchin, die sich den Entwicklungen der Moderne gegenüber aufgeschlossen zeigte. Deutlich wird dies an ihren sozialpolitischen Engagement. Den Konventionen folgend , übernahm sie allein von ihren Vorgängerinnen 32 Protektorate über soziale und karitative Einrichtungen wie zum Beispiel Diakonissenwesen, Schwäbischer Frauenverein, Zentralleitung für Wohltätigkeit, Württembergische Sparkasse und das Rote Kreuz. Mit ihrer Autorität als Königin unterstützte Charlotte vor allem Bildungseinrichtungen, in denen Mädchen zu selbstständiger Berufstätigkeit ausgebildet wurden. Frauenpolitisches Engagememt zeigte sie in der Patenschaft für den Württembergischen Malerinnenverein –Kunst und Kultur- sowie das erste württembergische humanistische Mädchengymnasium, das Stuttgarter Charlottengymnasium, heute Hölderlingymnasium. Nach der Novmberrevolution 1918 und nach dem Tod ihres Mannes König Wilhelm II (1921) führte sie den Titel Herzogin Charlotte und wohnte zurückgezogen auf Schloß Bebenhausen und starb dort 1946. Ihre Grabstätte ist in Ludwigsburg auf dem Alten Friedhof. Geboren wurde Charlotte in Ratiboritz/Böhmen 1864 als Tochter von Prinz Wilhelm von Schaumburg-Lippe und Bathildis geb. Fürstin von Anhalt.

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Familie des Herzog Albrecht von Württemberg, er, Albrecht, wäre Nachfolger von König Wilhelm II geworden

Noch eine bedeutende Anmerkung aus dem Königshaus Württemberg bezüglich dem Ort und Pfarrei Untermarchtal: Da König Wilhelm II von Württemberg keine Söhne hatte, fiel Herzog Albrecht von Württemberg schon früh die Rolle des Thronfolgers zu. Der ihm freundschaftlich verbundenen Monarch übertrug ihm wichtige repräsentative Aufgaben in Staatsführung, Politik und Militär. Herzog Albrecht wäre in die Königs-Nachfolge Wilhelms II gekommen. Der Abdankung König Wilhelmms II am 30. November 1918 schloß er sich für seine Person nicht an. In Deutschland wurde die Republik ausgerufen. In Altshausen, seinem Hauptwohnsitz nach 1918, wohnte er und seine gläubig katholische Familie nach der Vertreibung aus Stuttgart. Im Jahr 1919 wohnte die Familie des Herzogs Albrecht kurzzeitig im Kloster Untermarchtal im sogenannten „Herrenbau“ von Maria Hilf. Einen eindeutigen Hinweis vom Aufenthalt in Untermarchtal schreibt auch der damalige Ortspfarrer und Dekan Felix Stiegele in der Pfarrchronik mit dem Vermerk: „Auch die königliche Familie“ nahm an der Fronleichnamsprozession hier teil!

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Foto zeigt den heutigen Herzog Carl von Württemberg mit Herzogin Diane von Württemberg